Gedanken zum Natur- und Umweltschutz im Wandel der Zeit

Peter Weish

Die 1968er Bewegung brachte viele demokratische Fortschritte. Zu dieser Zeit war neben dem von Günter Schwab gegründeten Weltbund zum Schutze des Lebens der traditionsreiche ÖNB die stärkste Kraft im Natur- und Umweltschutz. Von den frühen 1970iger Jahren an gewann die Diskussion pro und kontra Atomkraft an Bedeutung. Unser kleines Institut für Umweltwissenschaften und Naturschutz unter Leitung von Bernd Lötsch arbeitete eng mit dem ÖNB zusammen. Kritische Meinungen wurden damals zwar auch bekämpft, aber nicht unterdrückt, wie heute.

Beispiel eines demokratischen Entscheids ist die Volksabstimmung über die Inbetriebnahme des ersten österreichischen Atomkraftwerks im Nov. 1978. Ihr ging eine mehrere Jahre dauernde Debatte voraus, in die auch Kritiker offiziell einbezogen waren. Das Pro und Kontra kam in den Medien ausführlich zur Geltung. Trotz massiver Propaganda seitens E-Wirtschaft und Politik kam es dann zu einer knappen Mehrheit gegen die Inbetriebnahme des bereits fertiggestellten Atomkraftwerks. Die kollektive Vernunft hatte sich durchgesetzt.

Die intensive Befassung mit Energiefragen führte zu einem Basiskonsens in der Zivilgesellschaft, dass eine Energiewende notwendig und auch möglich ist.[1]

Die Hainburg-Bewegung war ein weiterer Erfolg der Basis gegen das Establishment, doch die erwarteten Weichenstellungen in der Energiepolitik sind ausgeblieben. Die Gegenkräfte sind mächtig und gut organisiert. Ein frühes Beispiel aus den USA ist der Business round table von 1972, ein Zusammenschluss einflussreicher Wirtschaftstreibender mit dem Ziel, „geschäftsstörende“ Umwelt-Gesetze zu verhindern und die Ökologiebewegung zu konterkarieren.

Seit damals wurden die Methoden der Meinungsmanipulation wesentlich verbessert und die Netzwerke aus industrienahen „Thinktanks“ und Medien üben weltweit einen gewaltigen Einfluss auf Politik und öffentliche Meinung aus.[2] In der Zeit der sog. Corona-Pandemie kam es zu einem weiteren, gravierenden Demokratieabbau mit Angsterzeugung[3] und dramatischer Einschränkung der Meinungsfreiheit.

Ähnliche Muster von Propaganda erleben wir derzeit in der Kriegsrhetorik. Wenn heute über Sicherheit gesprochen wird, ist meist die Rede davon, wie man sich militärisch gegen gewalttätige Aggression schützen kann, und die Erhöhung der Rüstungsausgaben erscheint plausibel. Aus Sicht unserer Zukunftsverantwortung ist jedoch klar: Kurzfristiges militärisch ausgerichtetes Sicherheitsdenken verhindert die notwendige internationale Kooperation zur Erreichung der 17 Nachhaltigkeitsziele und führt daher mittel- und langfristig zu globalen Katastrophen, die das Gegenteil von Sicherheit und einer zukunftsfähigen Entwicklung darstellen. Das Gebot der Stunde lautet daher: Sicherheit neu denken und Zukunftsveratwortung ernst nehmen. Dazu ist es erforderlich, die Spaltung der Gesellschaft zu überwinden, sachlichen Diskurs über wesentliche Fragen zu ermöglichen und den öffentlichen Debattenraum als Kernstück der Demokratie zu erweitern.


[1] Siehe etwa Krause, Florentin, Bossel, Hartmut und Müller-Reissmann, Karl-Friedrich (1980): Energiewende – Wachstum und Wohlstand ohne Erdöl und Uran. Umwälz.

[2] Siehe etwa Mausfeld, Rainer (2018): Warum schweigen die Lämmer? Westend Verlag, Frankfurt M.

[3] Mausfeld, Rainer (2019): Angst und Macht. Herrschaftstechniken der Angsterzeugung in kapitalistischen Demokratien. Westend.

Weitere Informationen finden Sie auf meiner Homepage: homepage.univie.ac.at/peter.weish/

Foto: © A. Schatten