Ob Mauersegler, Dohle, Haussperling, Mehlschwalbe, Turmfalke oder so manche Fledermausart – sie alle haben sich als Kulturfolger dem urbanen Lebensraum angepasst und sind dabei auf Nistmöglichkeiten und Quartiere an und in Gebäuden zwingend angewiesen. Wien übernimmt für viele dieser nach Europarecht und nach dem Wiener Naturschutzgesetz geschützten Gebäudebrüter besondere Verantwortung, da die Stadt zum einen beachtliche Anteile ihrer österreichischen Gesamtbestände beherbergt und zum anderen, wie im Falle der Fledermäuse, Lebensraum für eine große Artenvielfalt bietet. So nisten zum Beispiel alleine 25% der heimischen Mauersegler-Brutpaare in Wien oder zählen viele der in Österreich vorkommenden Fledermausarten zu den heimlichen Untermietern zahlreicher Gebäude in unserer Stadt.
Bei Bau- und Sanierungsmaßnahmen im Gebäudebestand wie energetischen Modernisierungen, Renovierungsarbeiten an Dach und Fassaden, Dachaus- und umbauten, Abbruch von Bestandsbauten usw. ist daher dem Artenschutz wirkungsvoll Rechnung zu tragen. Trotz aller Orientierung auf Nachhaltigkeit wird dies von den Verantwortlichen am Bau aber oft noch ignoriert oder aus Unwissenheit übergangen. Doch Verstöße gegen artenschutzrechtliche Verbote bei Baumaßnahmen im Bestand können vermieden und Planung, Baustelle und Artenschutz vorausschauend aufeinander abgestimmt werden, wenn Brutplätze und Quartiere von Vögeln bzw. Fledermäusen bekannt sind. Die Kosten für Artenschutzmaßnahmen an Gebäuden sind in Relation zu den Gesamtbausummen auch minimal, wenn sie rechtzeitig eingeplant werden.
Das Wissen um Verbreitungsmuster und Siedlungsdichte geschützter Gebäudebrüterarten in der Stadt, um Brutplatzwahl und Standorttreue sowie genutzte Habitatstrukturen um den Brutplatz ist daher eine besonders wichtige Voraussetzung für den Erhalt dieser Arten.
Die Stadt Wien, die wie viele andere Städte einen Aufschwung bei Gebäudesanierungen und Fassadenrenovierungen erfährt, hat im Bereich Schutz von Gebäudebrütern schon wertvolle Arbeit geleistet. So wurden etwa vor wenigen Jahren von der Stadt Wien – Umweltschutz Forschungs- und Kartierungsprojekte zur Erfassung und zum Schutz der Mehlschwalben-, Turmfalken- und Dohlenvorkommen in Wien unterstützt und in den vergangenen drei Jahren im Rahmen eines Citizen Science Projektes über 2000 Mauersegler-Brutplätze erfasst und georeferenziert.
Für den Zeitraum von 2020 bis 2022 wurde nun das Projekt „Artenschutz an Gebäuden“ an den Naturschutzbund Wien vergeben. Dabei sollen vor allem Erhebung und Monitoring von Brutplätzen auch auf andere Gebäude bewohnende Vogel- und Fledermausarten ausgeweitet, Artenschutzmaßnahmen dokumentiert und auf ihren Erfolg hin überprüft, Gebäudebrüter durch Beratung von Fachkräften aus der Baubranche erhalten und gefördert sowie gewonnene Erkenntnisse aufbereitet und mit ExpertInnen aus Österreich und den Nachbarländern ausgetauscht werden.
Natur- und Artenschutz im urbanen Raum sollen damit noch stärker in das Bewusstsein der hier lebenden Menschen gerückt und die Anwesenheit von Wildtieren, die die Stadtlandschaft beleben, als Zeichen von mehr Lebensqualität wahrgenommen werden.
Foto: © David Hoi